Unbestimmtes Testament

Das unbestimmtes Testament

Unbestimmtes Testament

Einleitung:
Ein Paradebeispiel für ein unbestimmtes
Testament lag im Herbst vergangenen Jahres dem Oberlandesgericht München
(OLG) vor. Interessant ist hier vor allem, dass das Testament aus der
Sicht eines juristischen Laien überaus konkret und sehr wohl bestimmt
wirkte. Tatsächlich zeigt das OLG München in seinem Beschluss jedoch
auf, dass auch bei einem augenscheinlich bestimmten Testament viele
(rechtliche) Fragen offenbleiben können.

Sachverhalt:
Im vorliegenden Fall errichtete die Erblasserin ein handschriftliches Testament, in welchem sie ausführte:

„Die Person, die mich bis zum Tode pflegt und betreut, soll mein gesamtes Vermögen bekommen! Zurzeit ist es Frau…“ (Rn. 2)

Das Amtsgericht München (AG) beschloss die Erteilung eines Erbscheins zugunsten der, von der Erblasserin in ihrem Testament, genannten Frau. Hiergegen richtete die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde. Das AG legte die Akte dem OLG vor.

OLG München:
Der Senat des OLG München stellte daraufhin fest, dass eine beispielhafte namentliche Nennung einer Frau (im Folgenden: Beteiligte) in dem Testament erfolgte. Diese Namensnennung stelle jedoch gerade keine Erbeinsetzung dar. Zwar habe die Erblasserin die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssten, um nach der Erblasserin zu erben, festgelegt, jedoch seien diese Voraussetzungen so ungenau, dass keine Person ermittelt werden könne, die diese Voraussetzungen erfülle. Auch durch die Auslegung des Testaments, bei welcher der wirkliche Wille der Erblasserin ermittelt wird, lasse sich keine Erbeinsetzung belegen. Die Verwendung des Wortes „derzeit“ begründe die Annahme, dass die Erblasserin die Benennung der Beteiligten nur beispielhaft und nicht endgültig vornehmen wollte. Weiterhin führt das OLG aus:

„Der Erblasser darf die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung im Sinne einer Erbeinsetzung auf Grund letztwilliger Verfügung erhalten soll, nicht einem anderen überlassen. Dies bedeutet, dass der Erblasser im Hinblick auf die Individualisierung eines Bedachten seinen Willen nicht in der Weise unvollständig äußern darf, dass es einem Dritten überlassen bleibt, nach Belieben oder Ermessen den Erblasserwillen in wesentlichen Teilen zu ergänzen […].“ (Rn. 14)

Zwar dürfe die Bezeichnung, nicht aber die Bestimmung offenbleiben. In dem vorliegenden Fall bleibe jedoch selbst bei einer Auslegung schon offen, welche Kriterien erfüllt sein müssten, damit eine erbende Person benannt werden könne. Aus dem vorliegenden Testament gehe nicht hervor, ob die pflegende Person die Erblasserin bereits ab Errichtung des Testaments oder zu einem späteren Zeitpunkt pflegen sollte. Auch die vorausgesetzte Dauer der Pflege könne nicht ermittelt werden. Weiterhin könne nicht geklärt werden, welche Person erbe, wenn – wie es vorliegend der Fall war – mehrere Personen die Erblasserin gepflegt hätten. Schließlich ergäbe sich aus dem Testament auch nicht, ob mit den Worten „bis zum Tode“ tatsächlich eine erforderte Sterbebegleitung beschrieben werden sollte. Schon die Begriffe „pflegt“ und „betreut“ seien auslegungsbedürftig, ohne dass das Testament an anderer Stelle die Art oder den Umfang der Pflege beschreibe.

„Da sich aufgrund der vorgenannten Erwägungen im Rahmen der Auslegung nicht feststellen lässt, in welchem zeitlichen Rahmen ‚Pflege und Betreuung‘ zu erbringen waren und was darunter zu verstehen ist, lässt sich auch in einem zweiten Schritt nicht feststellen, auf welche Person diese Kriterien zutreffen.“ (Rn. 27)

Es ergäben sich weiterhin keine weiteren Ermittlungsansätze. Da die Beteiligte sich als erbende Person versteht und dies auch entsprechend dem Gericht vortrug, führt das OLG weiterhin aus:

„Hätte die Erblasserin unter „pflegen und betreuen“ lediglich persönliche Zuwendung verstanden, hätte es nahegelegen, dies entsprechend zu formulieren. Dass die Beteiligte zu 1 nach eigenen Angaben „nahezu täglich“ bei der Erblasserin war, hilft insoweit auch nicht weiter. Da schon nicht geklärt werden kann, was die Erblasserin in zeitlicher Hinsicht unter „bis zum Tode“ verstanden hat (s.o.), kann auch nicht festgestellt werden, ob „nahezu tägliche“ Besuche darunter zu subsumieren bzw. ausreichend wären.“ (Rn. 29)

Hinweis:
Dieser Beschluss zeigt sehr deutlich, wie wichtig eine (juristisch) korrekte und ausführliche Beschreibung des Willens der versterbenden Person im Zweifelsfall sein kann. Dennoch ist das Ergebnis des Beschlusses des OLG München durchaus diskutabel.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 25.09.2023 – 33 Wx 38/23e

Relevante Norm:

§ 2065 BGB – Bestimmung durch Dritte
(1) Der Erblasser kann eine letztwillige Verfügung nicht in der Weise treffen, dass ein anderer zu bestimmen hat, ob sie gelten oder nicht gelten soll.
(2) Der Erblasser kann die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, sowie die Bestimmung des Gegenstands der Zuwendung nicht einem anderen überlassen.

Header: ©AdobeStock: Ingo Bartussek

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